Die verschiedenen Systeme der Quadrophonie 1969 - 80
oder wie bekomme ich vier getrennte Kanäle auf ein Tonband, eine Cassette oder in eine Schallplattenrille? Die Geschichte und Technik einer brillianten Erfindung, die angeblich niemand haben wollte ... (von Klaus Hönemann, 1997, aktualisiert Juli 2011)
1.) Quadrophonie auf Band und Cassette:
Solange man Quadrophonie "nur" auf Bändern vermarkten wollte, stellte sich kein zu großes Problem ein. Die Tonbandtechnik der frühen 1970ger war mittlerweile so fortschrittlich, dass bei einer Viertelung des Bandes selbst bei einer Geschwindigkeit von 19cm/sec, teilweise sogar nur 9,5cm/sec ausreichende Qualität geboten werden konnte. Folgerichtig war auch das Tonband der erste kommerzielle quadrophone Tonträger. In "Insider Kreisen" nannte man dieses "reel to reel" Tape schlicht und einfach "Q4" oder "QR".
Vierspurige Tonbandgeräte werden auch heute noch in großer Auswahl produziert und ermöglichen auch fabelhafte Überspielungen des raren Quadromaterials. Bei Kauf eines Gerätes bitte unbedingt darauf achten, dass alle vier Spuren simultan genutzt werden können um echten Quadrobetrieb zu gewährleisten.
Q8
Aufgrund des sehr geringen Verbreitungsgrades der Tonbänder wurde nur ein sehr eingeschränkter Käuferkreis erwartet. Neben der Vermarktung auf "Q4" wurde Quadrophonie daher auch auf 8-Spur Cassetten angeboten. Die 8-Spur-Cassette erfreute sich in den USA vor der Einführung der Compact Cassette bereits in den 1960er Jahren großer Beliebtheit. Darüber hinaus bot sie den enormen Vorteil, dass man sie auch im Auto abspielen konnte.
in der Mitte eine geöffnete Q8, links daneben das Coverrechts eine Compact Cassette zum Größenvergleich
Bei der in Deutschland weitestgehend unbekannten 8-Spur-Cassette, 8-Track genannt, handelt es sich um ein in einem festen Gehäuse auf einer Endlosspule aufgewickeltes Tonband mit 8 Spuren. Auf je zwei Spuren befindet sich ein sogenanntes Stereoprogramm. Eine Schaltfolie signalisiert dem Abspielgerät den vollständigen Durchlauf des Bandes, woraufhin der Tonkopf mechanisch versetzt wird, um das nächste Programm abzuspielen. Insgesamt werden so vier solcher Stereoprogramme wieder gegeben. Es lag also nahe statt dieser vier Stereoprogramme nun zwei Quadroprogramme, die je vier Spuren gleichzeitig nutzen, aufzuzeichnen. Diese neuartige Cassette nannte man "Q8".
Die ersten "Q8" erschienen auf dem RCA-Label 1969. Die "Q8" war zwar mit den bestehenden stereophonen 8-Track-Spielern nicht kompatibel (es sei denn, man wollte nur die Front- oder nur die Rückkanäle der Aufnahme hören), trotzdem setzte zunächst ein Siegeszug der "Q8" ein. Daran nicht ganz unbeteiligt war auch der Automobilhersteller FORD, der zuvor schon die Entwicklung der stereophonen 8-Track-Cassette voran getrieben hatte, nachdem Versuche Tonbandgeräte oder Schallplattenspieler in Autos einzubauen unbefriedigend verlaufen waren. Ab 1970 rüstete FORD die Automobile der Luxusklasse serienmäßig mit einer Quadroanlage mit vier Lautsprechern, "Q8" - Spieler und (stereo) Radio aus. Die letzten standardmäßig so ausgestatteten Wagen liefen meines Wissens 1981 vom Band. Zu jeder Autoserie gab es eine eigens unter der Regie von FORD zusammengestellte Q8-Cassette, die der Käufer des Autos mit erwarb. 2010 konnte ich die Fahrt in einem original ausgestatteten FORD Lincoln erleben, s. Quadro-Fantreff.
Jedoch auch mit der "Q8" erreichte man nur einen Teil der an Quadrophonie interessierten Käuferschaft. Die "Q8" bot zwar den Vorteil geringen Platzbedarfs und man konnte sie im Auto abspielen, doch entsprach die Qualität nicht dem Anspruch des gehobenen HiFi-Hörers. Die damaligen Eisenoxydbänder rauschten, die Bandgeschwindigkeit war mit 9,5cm/sec angesichts der schmalen acht Spuren auf dem Band zu gering, das Endlosband neigte zu Betriebsstörungen, die sich in Tonhöhenschwankungen oder schlimmstenfalls in "Bandsalat" äußerten. Es musste ein Weg gefunden werden die vier Kanäle der Quadrophonie auf dem damaligen Tonträger Nr. 1, der Schallplatte, aufzuzeichnen.
8-Spur-Abspieler für den Heimbereich sind heute noch problemlos auf dem Gebrauchtgerätemarkt erhältlich, dort gibt es auch noch Spieler für das Auto, die ohne großen Aufwand mittels einer Relaisschaltung in bestehende Car-Hifi-Systeme integriert werden können. Schauen Sie in die Rubriken des "Quadro-Marktes", inserieren Sie selbst, wenn Sie ein Gerät suchen. Quadrophone 8-Spur-Cassetten sind teilweise sehr rar. Sie sind oftmals nur über gute Kontakte zu anderen Sammlern im Tausch zu erhalten, aber auch hier finden Sie regelmäßig Angebote im "Quadro-Markt".
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Compact Cassette
Beispiele quadrophoner Compact Cassetten: zwei SQ-kodierte (stereo kompatible) Cassetten der Fa. BASF (links im Bild) zwei vierspurig bespielte (nicht stereo kompatible) Cassetten der Fa. "Quadrosound Musikproduktion" (rechts)
Neben der bereits erwähnten, vor allem in den USA und Japan verbreiteten Q8, gab es Quadrophonie auch auf Compact Cassette. Die Compact Cassette hatte sich während des Systemstreites im Bereich der Einführung der quadrophonen Schallplatte (s. u.), durch die Entwicklung der Dolby Rauschunterdrückung und des CrO2 Bandes zu einem HiFi-tauglichen Tonträger gemausert. Es lag also nahe dieses Medium ebenfalls für die Quadrophonie zu gewinnen. Doch auch hier konnte, wie bei der Schallplatte (s. u.), leider keine einheitliche Lösung gefunden werden. Zwar entwickelten unabhängig von einander sowohl der "Erfinder" der Compact Cassette, Philips, als auch die japanische Victor Company (JVC) 4-Kanal-Recorder, jedoch bestand Philips als Lizenzinhaber darauf, dass die Quadro-Cassette stereo- und monokompatibel sein musste. So glichen beide Firmen ihre Entwicklungen einander an. Die Lösung war eine achtspurige Cassette. Das überforderte angesichts des schmalen Bandes und der geringen Bandgeschwindigkeit von nur 4,75cm/sec die damalige Technologie. Dennoch wurden 4-Kanal-Recorder dieses Systems bis zur Produktionsreife gebracht, blieben dann aber quasi unter Verschluss. Man wollte zunächst die Entwicklung des Systemstreites bei der Schallplatte (s. u.) abwarten. Würde sich eines der Matrix-Systeme durchsetzen, dann täten es ja auch die bereits am Markt befindlichen 2-Kanal-Recoder (vergl. unten Ausführungen zu SQ unf QS). Folgerichtig wurden von der Schallplattenindustrie schon nach dem SQ-System (BASF, Fotobeispiel oben) und dem QS-System (Decca) kodierte Quadro Compact Cassetten angeboten. Die produzierten Stückzahlen dieser Quadrocassetten lagen weit unter den sowieso schon geringen Auflagen der Quadroschallplatten, so dass es sich bei diesen Cassetten heute um extrem rare Sammlerstücke handelt.
Dass im Hintergrund tatsächlich Vorbereitungen für echten (diskreten) 4-Kanalbetrieb getroffen wurden, beweist ein Blick in eines der STEREO Cassettengeräte der Fa. DUAL Typ CR 919 oder 909. Deutlich erkennt man nach dem Öffnen des Gehäuses den Platz, der in den Geräten zur Unterbringung zwei weiterer VU-Meter, der zusätzlichen Platinen und der Anschlussbuchsen gelassen wurde. Sogar die Halterungen für die beiden zusätzlichen VU-Meter sind bereits vormontiert. Eine Herausforderung für jeden Bastler aus zwei CR 919 oder 909 und einem Autoreversetonkopf eines der nie realisierten Quadrogeräte zu konstruieren!
Einen ganz anderen Weg ging die Fa. Yamaha. Sie teilte das schmale Band weder in acht Spuren auf noch versuchte sie die Cassette mittels eines Matrixsystems (s. u.) quadrotauglich zu bekommen. Ohne überhaupt die Quadrophonie im Auge zu haben, entwickelte sie für den semiprofessionellen Studiobereich einen vierkanaligen Cassettenrecorder, der die auf der Cassette bereits vorhandenen vier Spuren nutzt. Schließlich stehen, da die Cassette gewendet werden kann, ja bereits vier Spuren zur Verfügung. Was lag also näher, als diese vier Spuren in einer Richtung gleichzeitig zu nutzen? Zwar kann man die Cassette nun nicht mehr wenden, es sei denn, man möchte die Aufzeichnung rückwärts hören, und es verringert sich so die Spieldauer auf die Hälfte, dafür hat man jedoch keinerlei Qualitätseinbußen gegenüber einer Stereoaufzeichnung. Mittels eines kleinen silbernen Plättchens, das auf die B-Seite der Cassette geklebt wird, erkennt der Yamaha-Recoder sogar selbständig, ob eine "Quadro" oder eine herkömmliche zweikanalige Cassette eingelegt wurde. Das Prinzip der "Nicht-Wende-Cassette" griffen andere Hersteller (bspw. Tascam) ebenfalls für den Studiobereich auf, so dass eine ganze Palette solcher Quadrorecoder auf dem Gebrauchtgerätemarkt zur Verfügung steht. Diese Geräte lassen sich hervorragend zur Aufzeichnung und Sicherung des raren Quadromaterials nutzen. Sporadisch gibt es sogar immer wieder Geräte für das Auto, die auf diesem System beruhen, so dass man mit einfachen Mitteln Quadrophonie während der Fahrt genießen kann.
Die Firma Quadrosound-Musikproduktion (neuer Name heute: Quadro-Surround-Musikproduktion) hat noch bis Mitte 1999 sieben verschiedene Titel in Quadrophonie auf einer auf diesem Format beruhenden Quadrocassette angeboten (Fotobeispiel oben). Die Cassette wurde wahlweise mit der Rauschunterdrückung Dolby B oder C geliefert und war auch als Q4 (s. o.) lieferbar. Der Vertrieb der Cassetten wurde zwar eingestellt, doch bietet die Firma sowohl die alten als auch neue Produktionen auf DVD-Audio wieder an.
2.) Quadrophonie auf Schallplatte
Wohl einer der ersten, der ein System für die Speicherung von vier Kanälen in der Schallplattenrille vorweisen konnte, war der auch als Musiker tätige Mathematiker Peter Scheiber. Er unterteilte die 360° des akustischen Umfelds in vier Hauptsektoren und legte mittels eines mathematischen Koordinatensystems feststehende Winkelwerte fest. Jede aufgezeichnete Raumrichtung erhielt so eine feste Phasendefinition in Bezug auf alle anderen Richtungen. Somit konnten die hinteren Kanäle in das fordere Klangpanorama eingeschachtelt und mittels eines Decoders, der die Phasenbeziehungen der einzelnen Signale erkannte wieder separiert werden. Ein solches System nennt man "Matrix", da es halt auf einer mathematischen "Zahlenmatrix" beruht.
Die heute nur noch den Profimusikern bekannte Firma Electro Voice brachte bereits 1969 ohne großes Aufsehen die ersten, auf dieser "Scheiber Matrix" basierenden "Electro Voice 4-Channel Stereo" (kurz: EV4 teilw. auch DY für Dynaco genannt) Schallplatten und Decoder heraus. Aber diese Matrix-Schaltung hatte einen großen Nachteil: während die Kanaltrennung vorne / hinten einigermaßen gelang, klappte sie umgekehrt leider gar nicht. Rückwärtige Schallquellen klangen vorne gleich laut mit. Damit war die Übersprechdämpfung in Teilbereichen = 0dB.
Da nach dem EV4-Verfahren aufgenommene Schallplatten mit SQ-Decodern (s. u.) abgespielt werden konnten, wurde die Weiterentwicklung des EV4-Systems 1974 zu Gunsten von SQ aufgegeben. Es gibt ca. 30 nach dem EV4-Verfahren kodierte Schallplatten, die bekannteste dürfte wohl Surf's Up von den Beach Boys sein. Einige der EV4-Platten tragen die Bezeichnung DY (Dynaco), es handelt sich jedoch um das selbe Verfahren.
Die "Scheiber Matrix" hatten der Elektronik Konzern Sony und die Schallplattenfirma CBS in mehreren Stufen weiterentwickelt und ihr eigenes Matrixsystem daraus hervor gebracht, nachdem Versuche die hinteren Kanäle in den Ultraschallbereich versetzt aufzuzeichnen dort fehl schlugen. SQ stand für "Stereophonic Quadraphonic", damit wollte man vor allem die Kompatibilität zur Stereophonie heraus stellen. Wie zuvor bereits die EV4 konnten auch die nach dem SQ-Verfahren aufgenommenen Platten ohne Verlust der räumlichen Informationen auf Stereoanlagen abgespielt werden. Bei Verwendung eines SQ-Decoders, eines zusätzlichen Verstärkers und eines weiteren Boxenpaars entfaltete sich dann die Quadrophonie. Zumindest theoretisch ... Die ersten Decoder lieferten nämlich nur eine unbefriedigende Kanaltrennung von 3 - 5 dB (die Stereoschallplatte trennt vergleichsweise links / rechts mit 20 - 26 dB). Das linke vordere oder rechte vordere Signal tauchte je als "Geistersignal" mit verminderter Lautstärke und gedrehter Phase in beiden hinteren Kanälen wieder auf, die Signale der hinteren Kanäle spiegelten sich ebenso in den vorderen wieder. Lediglich die Trennung links / rechts entsprach der Trennung der Stereoschallplatte. Eine der deutlichsten Abweichungen zur ursprünglichen "Scheiber Matrix" war die unsymmetrische Anordnung der Übersprechverhältnisse, die zu Gunsten einer besseren Stereokompatibilität eingesetzt wurde.
Erst mit der Entwicklung der sogenannten "Logikschaltung" in den Jahren 1972/1973 wurde die Situation mit erträglichen 12 - 15 dB besser . Richtige Superdecoder, wie Audionics of Oregon's "Space & Image Composer" oder Jim Fosgate's "Tate II" mit 30 - 50 dB Trennung wurden erst, als es viel zu spät war, 1981 für über 1.000 US $ vermarktet. Diese Geräte wurden später sogar nochmals weiterentwickelt und sind heute bei den Sammlern heiß begehrt. Unlängst las ich in einem HiFi-Magazin, dass eine "Jim Fosgate - Schaltung" in einem der neusten am Markt befindlichen Surrounddecodern arbeiten soll. Auch findet sie in einigen Harman Kardon Decodern und im neuen Dolby Surround Pro Logic II Verwendung.
hier ein geöffneter SQ-Decoder "Space & Image Composer"
Neben den SQ Schallplatten gab es auch SQ kodierte Compact Cassetten (s. o.). Auch wenn Ende der 1970er Jahre das Angebot an SQ kodierter Musik rapide zurück ging, hat es doch immer wieder vereinzelte Produktionen in SQ gegeben. U. a. existiert auch eine SQ kodierte Videocassettenversion des Films "Conan der Barbar". Auch wurden mehrere CDs in SQ produziert, sowohl Nachpressungen der ehemaligen SQ-Platten als auch Neuproduktionen. Seit November 1998 gibt es das Album "Once Again" von Barclay James Harvest (Best-Nr. BRIM 002) als neu veröffentlichte SQ-CD im Schallplattenhandel!
Das wohl bekannteste SQ-Album dürfte Pink Floyd's - Dark Side Of The Moon sein. Um die Veröffentlichung dieser LP im Jahre 1973 rankt sich eine nette Begebenheit: Die Schallplattenfirma EMI hatte die Vorstellung von Pink Floyd's - Dark Side Of The Moon mit großem Aufwand vorbereitet. "Pink Floyd" blieben aber der Presse-Party fern, da die Schallplattenfirma das neue Album nicht wie gewünscht in Quadrophonie sondern nur in Stereo vorstellte. Dies spiegelt ein weiteres Problem der damaligen Zeit wieder: Fast jede quadrophone LP gab es auch in einer (meist preiswerteren und wesentlich größeren Stückzahl aufgelegten) Stereoabmischung, und dass, obwohl doch alle Quadroplatten stereokompatibel waren.
CD4 / QuadraDisc:
Die unzureichende Kanaltrennung der Matrix Systeme hatten die japanische Victor Company (JVC) und die amerikanische Schallplattenfirma RCA von Anfang an erkannt. Ihre Versuche die hinteren Kanäle in den Ultraschallbereich versetzt aufzuzeichnen endeten 1971 in einer, in meinen Augen, grandiosen Technologie:
Schon der Name stellte die Merkmale dieser Schallplatte heraus: "kompatible diskrete Vierkanalschallplatte". Sie war auf herkömmlichen Stereoanlagen in stereo abspielbar (kompatibel), bot im Quadrobetrieb vollständige Kanaltrennung (jeder Kanal vom anderen diskret) und hatte die vier Quadrokanäle. Sie wurde auch QuadraDisc genannt.
Zunächst arbeitete bei CD4 auch eine Matrix. Diese mischte einmal die hinteren in die vorderen Kanäle ein. Damit war die Platte kompatibel auf Stereoanlagen, d. h. ohne Verlust der räumlichen Signale abspielbar. Des weiteren bildete die Matrix zum anderen die Differenzsignale zwischen vorne und hinten ab. Die Summensignale (vorne + hinten) wurden quasi als "normale" Schallplattenrille im Frequenzbereich von 20 - 15.000 Hz geschnitten. Die Differenzsignale (vorne - hinten) wurden auf einen 30 KHz Hilfsträger aufmoduliert und so "über" dem Summensignal im Ultraschallbereich aufgezeichnet. (Ein solches Verfahren nennt man "multiplex", ähnlich arbeitet der UKW-Stereo-Rundfunk) Der Frequenzbereich des Differenzsignals lag zwischen 20.000 und 45.000 Hz. Um Vermischungen zu vermeiden wurden sowohl bei der Aufzeichnung als auch im wiedergabeseitig erforderlichen Demodulator 19 KHz-Filter eingesetzt, die Töne oberhalb dieser Frequenzmarke ausschlossen. Im Demodulator wurde das 30 KHz Signal wieder auf den "normalen" Frequenzbereich zurück gesetzt (demoduliert) und die darüber hinaus im Demodulator arbeitende Matrix holte aus dem Summensignalgemsich die vier ursprünglichen Kanäle wieder heraus. Im Gegensatz zu den reinen Matrix-Verfahren, die die Raumrichtung lediglich an den Phasenbeziehungen der Signale erkannten, konnte die CD4 Schaltung aufgrund des zusätzlichen Differenzsignals zwei getrennte Signalformen vergleichen und so eine Kanaltrennung von über 30 dB erreichen.
Die Palette der CD4 Technik hatte aber noch einiges mehr zu bieten: Damit Frequenzen bis nahe 50.000 Hz überhaupt abgetastet werden konnten, war ein spezieller Tonabnehmer mit einer eigens für die CD4 Platten von Norio Shibata entwickelten Nadel, der "Shibata Nadel", erforderlich. Diese hatte besonders geringe Seitenverrundungen und lag daher mit einer wesentlich größeren Fläche in der Rille auf. So konnten die Platten vergleichsweise schonender und sicherer abgespielt werden. Dann musste der Pegel der höchsten Frequenzen um 19 dB abgesenkt werden, wodurch die hohen Schwingungen in der Plattenrille nur noch kleine Erhebungen bildeten, die mechanisch beim Abtasten noch bewältigt werden konnten. Da diese Informationen nun leiser als die Frontkanäle geschnitten wurden, mussten sie beim Abspielen durch die Demodulatorschaltung verstärkt werden. Damit stieg grundsätzlich das Rauschen stark an, wozu eigens für diesen Bereich die Rauschunterdrückungsschaltung ANRS, eine Art Dolby NR Konkurrenz mit einer Verbesserung des Rauschabstandes um 15 dB, entwickelt wurde. Durch physikalische Gesetzmäßigkeiten würden die Frequenzen auf dem 30 KHz Träger in Abhängigkeit der Rillenauslenkung der Basiskanäle in ihrem Pegel schwanken, womit sich schwankende Lautstärkeverhältnisse in den hinteren Kanälen einstellen würden. Zur Lösung dieses Problems arbeitete im Demodulator eine automatische Korrekturschaltung. Letztlich hatte man mit Resonanzen zu kämpfen, da die Nadel beim Abtasten nicht nur seitlichen Rillenkontakt hatte, sondern durch den neuartigen Plattenschnitt bedingt auch vorne und hinten im Takt der Basisinformationen "angestoßen" wurde.
Für die Unterdrückung dieser Resonanzen wurde die Neutrexschaltung entwickelt. Dass der Plattenschnitt der hohen Frequenzen noch in zwei Varianten (bis 800 Hz frequenz- und darüber phasenmoduliert) erfolgte, sei nur noch vollständigkeitshalber erwähnt. Und zu guter Letzt wurden die Frontkanäle beim Abspielen noch zeitverzögert, um den kleinen Zeitverlust, der durch die "Arbeit" des Demodulators entstand, auszugleichen.Wer dieses alles ließt, wird sicherlich verstehen, dass, wie alle guten Dinge, leider auch die CD4-Technologie ihre Schattenseiten hatte. Während die Matrix-Technik bei den Schallplattenherstellern keine Investitionen verlangte, benötigten sie zur Herstellung der CD4-Scheiben neue Pressmaschinen und Vinylmassen, die in der Lage waren die feine Ultraschallgravur zu bieten. Auch konnte man (logischerweise) nach dem CD4-Verfahren keine Cassetten (oder später CDs) herstellen. Der Dynamikumfang der CD4-Platten war im Vergleich zu den Matrix- und Stereoplatten verringert. Tonabnehmer und Demodulator mussten genaustens eingebaut bzw. justiert und eingestellt werden, was die Geduld und den Schachverstand manches HiFi-Enthusiasten und auch Technikers überstrapazierte. Falsch eingesetzte Tonabnehmer oder gar verschmutze Nadeln oder Schallplatten quittierte die Quadroanlage mit hässlichen Verzerrungen. In Deutschland kam hinzu, dass neben den wenigen Eigenproduktionen (nur ca. 25 Titel) CD4-Platten nur über den Import erhältlich waren, was neben den zum Teil erheblichen Preisen für die Tonabnehmer und Demodulatoren die Sache unnötig verteuerte und den Absatz nicht gerade ankurbelte.Trotzdem bietet eine gute CD4-Platte, abgespielt mit einem modernen mit Shibata-Nadel ausgerüstetem Tonabnehmer und einem präzise eingestelltem Demodulator, selbst heute im digitalen Zeitalter einen HiFi-Genuß, der jede reine stereo CD weit in den Schatten stellt.
Die letzte offizielle CD4 Platte erschien 1980 (Dahnis et Chloé von Isao Tomita). Mitte der 1980er wurden in Korea aufgrund der Entrüstung der Fans über die Aufgabe des Systems einige Titel auf dem Philips Label, welches interessanterweise zuvor nie in Quadrophonie produziert hatte, nachgepresst. Insgesamt sind ca. 2.000 verschiedene Titel als QuadraDisc erschienen, es existiert bei der JVC eine vollständige Liste.
CD4 taugliche Tonabnehmer mit einem Frequenzbereich bis mindestens 50.000 Hz und Shibata Nadeln werden heute noch produziert, Demodulatoren und CD4-Schallplatten sind über den "Quadro-Markt" zu beziehen.
Ebenfalls auf der "Scheiber Matrix" basierend entwickelte die japanische Firma Sansui in Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Label Ovation Records ein weiteres Matrix System. Die Buchstabenfolge sollte dabei demonstrieren, dass es sich um ein Quadrosystem handelt, welches auch stereokompatibel ist. Die QS-Matrix unterscheidet sich von der SQ-Matrix im wesentlichen dadurch, dass sie, wie die ursprüngliche "Scheiber Matrix", symmetrisch verläuft und keine Raumrichtung bevorzugt. So gewinnt sie auf Kosten der links / rechts Trennung eine bessere vor / rück Trennung. Zwar erreichten die ersten QS-Decoder auch nur bescheidene Übersprechdämpfwerte, jedoch erschienen die Geistersignale lediglich in den benachbarten und nicht in den gegenüberliegenden Kanälen, was insgesamt zu einem wesentlich stabileren Klangbild führte.
Später wurden die Maranz "Vario Matrix" , welche Werte um 15 - 20 dB bot und die Superdecoder der Firma Sansui, die QSD1 und QSD2 entwickelt, welche ebenfalls sehr gute Trennungen von 35 dB und mehr erreichten. Sie erfreuen sich auch heute bei den Fans noch großer Beliebtheit, da sie auch eine hervorragende Schaltung zur Erzeugung einer "synthetischen Quadrophonie" aus Stereoquellen besitzen und voll kompatibel zu Dolby Surround (s. heutige analoge Techniken) sind. Auch mit Dolby Surround kodierten Signalen "gefüttert" liefern diese "alten" Decoder heute oftmals wesentlich bessere Ergebnisse, als "echte" Dolby Geräte.
Wie bei SQ gab es auch einige QS kodierte Musikcassetten (Fa. Decca). QS ging zusammen mit den anderen "großen" Systemen Ende der 1970er unter, diente nach unbestätigten Berichten jedoch Dolby Surround (s. heutige analoge Techniken) als Grundlage. Es gibt einige wenige Nachpressungen QS kodierter Schallplatten auf CD. Ein bekanntes in QS produziertes Album ist Paul Anka's - The Painter.
Regular Matrix / RM:
Mit den Phasenbeziehungen innerhalb der "Scheiber Matrix" ließ sich genüsslich experimentieren, was viele Hersteller animierte, ihr eigenes Matrixsystem zu veröffentlichen (Toshiba: QM, Kenwood: QR, Denon: QX4 u.v.a.m.). Da sich diese diversen Matrixsysteme glücklicherweise nur in Deatils unterschieden, waren sie untereinander und auch zu QS weitestgehend kompatibel. So einigte man sich in Japan 1972 im Rahmen eines Normenausschuss auf eine Vereinigung dieser Systeme und die gemeinsame Bezeichnung RM - Regular Matrix.
Dennoch findet man an den meisten Decodern überwiegend die Bezeichnung QS.
Als eine Spielart des CD4 könnte man das UD4 Verfahren verstehen, das von Denon in Zusammenarbeit mit der Nippon Columbia entwickelt wurde. Es sollte die Vorteile der Matrixsysteme (einfacher Plattenschnitt, größerer Dynamikumfang) mit denen des CD4 (große Kanaltrennung) verbinden und darüber hinaus kompatibel zu CD4, den meisten Matrixsystemen und Stereo sein.
Dieses hoch gesteckte Ziel wurde wie folgt erreicht: Zunächst arbeitete auch im UD4 System eine Matrix, die der QS Matrix quasi gleich kam. Des weiteren wurde eine CD4 ähnliche Zusatzinformation auf einem 30 KHz Hilfsträger aufmoduliert. Im Gegensatz zum CD4 wurde jedoch nicht der gesamte Frequenzbereich auf dem Hilfsträger erfasst, sondern nur ein Bereich bis 4.000 Hz. Man war von Untersuchungen ausgegangen, die besagten, dass für die deutliche Ortung aus verschiedenen Richtungen insbesondere eine große Kanaltrennung im Bereich von 400 bis 4.000 Hz notwendig ist. Hohe Frequenzen, die zumeist Obertöne der Grundtöne aus dem tiefer liegenden Frequenzbereich sind, sollten schon bei wenigen dB Unterschied eindeutig ortbar sein, so dass dort die Kanaltrennung geringer ausfallen dürfte. Bis 4.000 Hz bietet UD4 also CD4 Standart, darüber hinaus QS Standart. Dennoch liegt das Gesamtklangbild erstaunlich nahe an dem des CD4. Dabei klingen die UD4 Platten noch frischer und brillanter, da auf die oftmals fehlerhaft arbeitenden 19 KHz Filter verzichtet werden konnte. Der von Denon angebotene UD4-Demodulator (UDA-100) war dazu noch in der Lage die Systeme SQ, QS und CD4 zu verarbeiten, so dass einer Gesamtlösung für die Schallplatte nichts mehr im Wege stand.
Denons Vorstoß eine einheitliche Quadroschallplatte zu entwickeln war sicherlich sehr lobenswert, kam 1976 jedoch leider viel zu spät. Die anderen Hersteller konzentrierten sich auf die Entwicklung der Videosysteme, die versprachen mehr Gewinn abzuwerfen. Dazu zeichnete sich am Horizont die Digitaltechnik mit der CD ab. So erschienen lediglich 27 UD4 Platten, ausschließlich auf dem Denon-Label.
Das sicherlich begehrteste UD4 Album ist Mike Oldfield's - Tubular Bells, welches allerdings neben UD4 auch in SQ und CD4 erschien.
Ebenso wie die CD4 Technik erlaubt es die UD4 Technik nicht Cassetten oder CDs zu bespielen.
Matrix H:
Grundsätzlich sind alle Matrixsysteme, also SQ, QS, UHJ, ohne dass es großer Umbauten der Radiostudios und -sender bedarf UKW-sendefähig. Die zu sendende Schallplatte ist ja bereits kodiert, die Information braucht also nur über den (stereo) Rundfunk übertragen und empfängerseitig mit dem Decoder in das quadrophone Klangbild zurück verwandelt werden. Was lag also näher, als sich im Rahmen der Quadrophonie im Radio auf eines der bestehenden Systeme zu einigen?
Trotzdem zog man bei der englischen BBC allen Ernstes die Verbreitung quadrophoner Radioprogramme mittels einer eigenen Matrix in Betracht. Dieses sowohl auf den theoretischen Überlegungen des UHJ (s. aktuelle analoge Techniken) und der "Scheiber Matrix" basierende System wurde Matrix H genannt. Und zu allem Überfluss sollten nun auch noch Matrix H kodierte Schallplatten produziert werden. Soweit mir jedoch bekannt ist, existiert neben einigen Testpressungen lediglich eine offizielle Matrix H Schallplatte: David Bedford's - Instructions For Angels; Matrix H ist aus dem Versuchsstadium nie heraus gekommen.
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